Frankfurter Neue Presse Montag, 6. Mai 2002.
Zum Flug des ersten Afronauten, 25.04-05.05.2002.
Die Rückkehr des Afronauten.
Südafrika bejubelt Shuttleworth
Mit einem erlösten Lächeln auf den Lippen ist Südafrikas
Weltraumtourist Mark Shuttleworth (28) nach elf Tagen Abenteuer im Weltall
gestern Morgen zur Erde zurückgekehrt. An Bord einer Sojus-Kapsel landete der
Multi-Millionär gemeinsam mit einem russischen und italienischen Astronauten
in der kasachischen Steppe. Der US-Fernsehsender CNN zeigte in ersten Bildern
die lachende Crew auf freiem Feld bei Arkalyk. "Es war das Beste, was ich
jemals gemacht habe; es war fantastisch", sagte der 28-Jäh-rige. Wenige
Stunden später traf er in Moskau ein. Er hatte als zweiter Weltraumtourist die
Raumstation ISS besucht.
Genau um 5.52 Uhr MESZ endete die Reise mit der sanften Landung.
Fallschirme hatten den freien Fall der Sojus-Kapsel abgebremst. Sofort nach
dem Ausstieg untersuchten Ärzte den russischen Sojus-Kommandeur Juri Gidsen-ko,
Bordingenieur Roberto Vittori aus Italien und Shuttleworth, der von seinem
Vater empfangen wur-de. Großes Lob erhielt Shuttleworth von der russischen
Raumfahrtbehörde. Er habe sich "bestens in die Besatzung an Bord der
Raumstation integriert", hieß es.
Als Held gilt Shuttleworth mittlerweile in seiner Heimat Südafri-ka. Ob "Erster
Afrikaner im Weltraum", "zweiter Tourist im All"
oder der von ihm mitgeprägte Begriff des "Afronauten": Shuttle-worths
PR-Maschinerie lief während seines Aufenthalts im All rund wie ein
Sojus-Triebwerk. Selbst Skeptiker mussten zugeben, dass Shuttleworth wirksamer für
den Nach-Apartheid-Staat warb als manche Regierungskampagne.
Der sympathische 28-Jährige wollte anders als sein Vorgänger-Dennis Tito
keinen Ego-Trip präsentieren, sondern als zahlender Forschungs-Reisender gelten.
Großes Echo in Südafrika fanden die didaktischen Begleitprogramme, die Shuttleworth
ebenfalls sponserte. Ein 14-jähriges krebskrankes Mädchen machte dem verblüfften
Junggesellen per Live-Schaltung sogar einen Heiratsantrag.
Nur panafrikanistische Splittergruppen rügten, dass der weiße Südafrikaner nicht
die richtige Hautfarbe habe, um sich "erster-Afrikaner im All" zu nennen.
Aids-Forschung im Weltraum
Bremen.
Der "Afronaut" Mark Shuttleworth hat mit deutscher Technik im All für die
Entwicklung neuer Aids-Medikamente geforscht. Der Südafrikaner züchtete mit
Hilfe einer Experimentier-An-lage des Raumfahrtkonzerns As-trium
Proteinkristalle, teilte das Unternehmen in Bremen mit. An Bord der
Internationalen Raumstation (ISS) wollte Shuttleworth in der Schwerelosigkeit
Proteine von HIV-Viren und Allergie-Erregern erforschen und möglichst große
Proteinkristalle züchten.
Die wissenschaftlichen Experimente verliefen nach
vorläufigen Erkenntnissen erfolgreich. Sie waren auf der Erde von südafrikanischen
Wissenschaftlern gemeinsam mit deutschen und russischen Experten vorbereitet
worden.
Aids-Forscher wollen durch die Entschlüsselung der Struktur
von Proteinen neue, effektivere Medikamente und Therapien gegen die
Immunschwäche-Krankheit entwickeln. Dazu sollen auch die Experimente im
Weltall dienen.
Shuttleworth, der zweite Weltraumtourist im All, hatte sich
für seinen achttägigen Aufenthalt an Bord der ISS zum Ziel gesetzt, einen
Beitrag zum Kampf gegen die in Afrika weit verbreitete HIV-Infektion zu
leisten. Die ungenannten Kosten für die Experimente trug der Südafrikaner
unter der Bedingung, dass die Ergebnisse für die Öffentlichkeit zugänglich
gemacht werden.
Die auf 20 Millionen US-Dollar (22,4 Millionen Euro)
veranschlagten Kosten seines Arbeitsbesuchs im Weltraum seien jedenfalls jeden
Cent wert gewesen, verkündete der Sonnyboy vom Kap. Kritiker, die ihm am
Boden vorrechneten, was er davon hätte seinem Lande zugute kommen lassen können,
wurden von weißen wie schwarzen Landsleuten schnell in die Schranken gewiesen.
Ihr Argument: Shuttleworth — der beim Verkauf seiner Softwarefirma jedem
seiner Mitarbeiter eine Million Dollar abgegeben hat — hätte sich ja auch
darauf beschränken können, einfach nur allein für sich den Traum zu genießen.
Außerdem, so meinte ein Leserbrief-Schreiber, sollten Kritiker sich erst
einmal selbst fragen, was sie konkret zur Linderung der Armut tun würden.